Japan – Reise ins Land der aufgehenden Sonne

Ein Reisebreicht über Japan

Als Hörgeschädigter in fremde Länder zu reisen ist aufgrund der Sprachbarriere für uns um einiges schwerer. Wie sieht es jedoch aus, wenn neben der Sprachbarriere auch noch die Schriftbarriere dazu kommt? Schließlich hat Japan seine eigenen Schriften, welche so exotisch sind, dass selbst ein Wörterbuch unbrauchbar ist. Erstaunlicherweise ist das Zurechtkommen in diesem Land sehr einfach. Der Grund: Japan ist ein touristisches und offenes Land, jedoch können Japaner kein oder nur sehr schlecht Englisch. Daher spielt es keine Rolle, ob man gehörlos ist oder nicht, weil die Sprachbarriere jeder Besucher in Japan haben wird, der kein Japanisch kann.

Um einen kleinen Einblick in das ferne Land zu bekommen, habe ich euch einen kleinen Bericht über unsere 15-tägige Rundreise verfasst.

Auf gehts nach Japan

Wir, das sind Isabel und ich, beide gehörlos und mit Cochlea Implantaten versorgt, machten uns an einem Sonntag auf dem Weg nach Japan. Um 16 Uhr ging unser Flieger von München nach Tokio der ganze elf Stunden dauern wird.

Unser Flugzeug am Münchner Flughafen

Tokio – Eine Stadt der Superlative

Ankunft in Tokio am stadtnahen Flughafen Haneda war um 10 Uhr japanischer Zeit. Nachdem wir die Einreise problemlos passierten und unsere Koffer hatten (Tipp 1: Reist in Japan unbedingt mit Koffer, ein großer Rucksack ist im dichten Menschengedrängel von Japan eher nervig als praktisch), ergab sich ein Problem: Tokio ist eine der größten Städte der Welt und hat somit auch eines der größten U-Bahnnetze der Welt, welches von mehr als ein halbes Dutzend verschiedene Betreiber betrieben wird. Wie kommen wir zu unserem Hotel? Wir wussten zwar, wie unsere Station hieß, an der unser Hotel ist, jedoch diese auf den Plan zu finden, gleicht einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Zum Glück waren Servicemitarbeiter am Fahrkartenautomaten zu finden, welche uns promt den Weg auf dem U-Bahnplan aufmalten. An der U-Bahnstation angekommen mussten wir nur noch unser Hotel finden. Einfacher gesagt als getan. Tokio ist so riesig und unüberschaubar, dass es selbst mit Stadtplan schwer ist, sich zurechtzufinden. Aber dank Smartphone und GPS fanden wir unser Hotel doch noch.

Tipp 2: Nutz Navigationsapps mit Offlinekartenmaterial (z.B. maps.me), denn die Orientierung mit Stadtplan ist in Städten wie Tokio äußerst schwierig

Am ersten Abend schlenderten wir durch Akihabara, auch Electric City genannt. Ein Stadtteil voller bunten Werbereklamen und Elektronik-Kaufhäusern. Nun hatten wir Hunger und wollten etwas essen. Uns fiel auf, dass an vielen Restaurants Automaten vor der Eingangstür standen. Bei genauer Betrachtung dieser fanden wir heraus, dass man einfach am Automaten mit lauter Bildchen sein Essen auswählen und bezahlen kann. Mit diesem Ticket geht man nun in das Restaurant und zeigt dieses dem Koch vor. So konnten wir ohne sprachliche Kommunikation unsere Essen bestellen.

Akihabara – Electric City

Am nächsten Tag machten wir uns auf dem Weg zum Tokyo Skytree, mit 634 Metern der zweithöchste Turm der Welt(!). Diesen kann man auch besichtigen. Tipp 3: Mit Behindertenausweis bekommt man für die Besucherplattform 50 % Ermäßigung auf dem Eintrittspreis, also habt auch im Ausland immer den B-Ausweis dabei. Von dort oben hat man einen Eindruck, wie riesig Tokio ist. Ein Hochhäusermeer bis zum Horizont. In der Region Tokio wohnen ganze 38 Millionen Menschen. Das wurde uns erst hier oben bewusst.

Panorama vom Tokyo Skytree

Abends ging es wieder ins Tokioer Nachtleben. Diesmal nach Shibuya, einer der belebtesten Plätze der Welt. Ein Highlight dort ist die weltberühmte Kreuzung von Shibuya: Pro Grünphase laufen bis zu 15.000 Fußgänger in wenigen Sekunden gleichzeitig über die Straße.

Kreuzung von Shibuya

Auch das Tokioer Umland bot zahlreiche Sehenswürdigkeiten. So machten wir uns an einem Tag Richtung Süden, um die berühmte Tempelstadt Kamakura zu besichtigen. Mehr als 20 Tempel sind in dieser Stadt zu finden. Doch nicht nur Tempel, auch schöne Wanderwege bot dieser Ort bei denen wir mit einem schönen Ausblick belohnt wurden.

Ausblick über Kamakura

Nach fünf aufregenden Tagen verließen wir Tokio nun und machten uns mit dem Zug an die Westküste Japans. Dank des super ausgebauten Hochgeschwindigkeitnetzes des Shinkansen ist die Fortbewegung von A nach B super schnell und zuverlässig.

Tipp 4: Besorgt euch einen Japan Rail Pass, damit spart ihr viel Geld beim Zugfahren.

Nicht nur Geld spart man mit dem Japan Rail Pass, auch die Reservierung von Sitzplätzen ist umsonst. So macht es das Reisen deutlich entspannter. Auch die Reservierung war ein Kinderspiel. Dazu könnt ihr einfach eure Wunschverbindung im Hotel mit Wlan via Google Maps vorab rausschreiben oder einen Screenshot davon machen und dies dem Bahnmitarbeiter am Schalter vorzeigen. Schon bekommt ihr promt eure Reservierung.

Kanazawa – Eine geheimnisvolle Samuraistadt

Unser nächstes Ziel der Reise war die Stadt Kanazawa, an der Westküste Japans. Diese Stadt wurde vom zweiten Weltkrieg verschont und vermittelt einen Eindruck, wie Japans Städte vor Jahrhunderten mal aussahen. Auch war dies früher eine bedeutende Samuraistadt, in der viele gut erhaltene Samuraihäuser zu finden sind.

Geisha-Viertel von Kanazawa

Ein weiteres Highlight war der dortige Fischmarkt, wo allerlei exotisches zum Probieren gab. Auch ich wollte da meine Geschmacksnerven testen und probierte Seeigel und rohe Auster. Mein Eindruck zum Geschmack: Sehr sehr gewöhnungsbedürftigt…

Seeigel zum Probieren

Kyoto – Das kulturelle Zentrum Japans

Unser nächstes Ziel ist nun Kyoto. Ähnlich wie Kanazawa ist Kyoto von Kriegsschäden verschont geblieben, aus Respekt vor der kulturellen Bedeutung der Stadt. Ohja, diese Stadt ist tatsächlich ein Juwel Japans. Ganze 18 Tempel gehören in Kyoto zum Unesco Weltkulturerbe.

Am Tag der Anknuft ging es gleich zum Fushimi Inari Schrein. Dieser Tempel hat eine Besonderheit. Der dortige Pilgerweg auf dem Berg ist mit ganzen 10.000 Torbögen versehen, durch die man durchlaufen kann und ein einzigartiges Gefühl vermittelt.

Pilgerweg durch die Torbögen des Fushimi Inari Schreins

Am nächsten Tag ging es zum Stadtrand, nach Arashiyama. Dort gibt es zahlreiche Wanderwege ins Gebirge, welches Kyoto umgibt. Auch gibt es dort einen einzigartigen Bambuswald, durch den man hindurchlaufen kann.

Bambuswald von Arashiyama

Am Nachmittag ging es zum Temel Kinkaku-ji, auch goldener Pavillion genannt. Dieser lag ebenfalls am Stadtrand und bot ein wunderschönes Fotomotiv. Leider jedoch sind die Sehenswürdigkeiten sehr gut besucht und oftmals total überlaufen. Daher Tipp 5: Meidet bei Besuchen von Sehenswürdigkeiten möglichst die Wochenenden und Feiertage! 

Kinkaku-ji

Hiroshima – Eine Stadt mit einer traurigen Berühmtheit

Nach 3 Tagen Kyoto ging es weiter Richtung Süden, nach Hiroshima, der Stadt, welche am 6. August 1945 Ziel einer Atombombe wurde. Mit dem A-Bomb Dome und dem Friedenspark wurde ein Mahnmal gesetzt, welche an die Schrecken der Atombombe erinnern soll. Gerade der A-Bomb Dome zeigt die zerstörerische Wirkung sehr gut und regt auch zum Nachdenken an. Ein unheimlicher Ort…

A-Bomb Dome

Heute ist diese Stadt wieder vollkommen aufgebaut und eine moderne Hafenstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten. Eine davon ist die Insel Miyajima, eine der drei schönsten Landschaften Japans. Diese Insel ist mit der Fähre dank Japan Rail Pass kostenlos zu erreichen. Schon am Fähranleger zeigt die Insel eine ihrer Kuriositäten: Freilebende und handzahme Rehe, die an der Strandpromenade rumlaufen. Mir ist es bis jetzt immer noch Rätsel, wie die Rehe dorthin gekommen sind.

Freilebende Rehe an der Strandpromenade

Nun ging es auf den 700 Meter hohen Berg der Insel. Da die Temperaturen irgendwo zwischen 30 und 35 Grad lagen, entschieden wir uns, mit der Seilbahn hochzufahren. Oben musste man jedoch noch einmal 30 Minuten wandern, um den Gipfel zu erreichen. Total erschöpft durch die Hitze erreichten wir den Gipfel und wir wurden von einer wunderschönen Aussicht über die Bucht von Hiroshima belohnt.

Blick vom Gipfel

Akō – Übernachten auf japanisch

An der Westküste Japans machten wir einen Zwischenstopp in das beschauliche Akō, einer kleinen Stadt am Meer. Dort übernachteten wir in einem Ryokan, einer traditionellen Herberge. Diese Herbergen stammen aus der Zeit, in der der japanische Adel noch zu Fuß reiste und sind in Japan auf jedenfall einen Besuch wert. Schon am Eingang musste man die Schuhe ausziehen und man bekam Hausschuhe für den Innenbereich. Ein Zimmermädchen führte uns in unser Zimmer, welches sehr japanisch eingerichtet ist. Ein flacher Tisch mit 2 kleinen Sitzstühlen auf japanschen Reismatten. Bei der Ankunft wurde uns gleich eine Tasse grüner Tee von unserem Zimmermädchen serviert und sie erklärte uns, wie man in einem Ryokan wohnt. Typisch für ein Ryokan ist ein eigenes Onsen, einer heißen Thermalquelle zum Baden. Dieses Bad wurde natürlich gleich am Ankunftstag besucht und zur Entspannung genutzt.

Unser Zimmer im Ryokan

Auch typisch für ein Ryokan ist das reichhaltige landestypische Abendessen. Wir bekamen fast 20 Teller verschiedenster Leckereien serviert. Während dem Abendessen wurde in unserem Zimmer die Betten vom Zimmermädchen hergerichtet. Dazu wurde der Tisch zur Seite geschoben und Matratzen auf den Reismatten ausgelegt, auf denen geschlafen wurde.

Osaka – Der kleine Bruder Tokios

Unsere letzte Station war Osaka, eine moderne Handels- und Hafenstadt in Westjapan. Dort nutzen wir die Zeit für ausgiebigen Shoppingtouren durch die scheinbar endlosen Shoppingstraßen im Stadtteil Dotonbori und machten die Koffer voll, bevor es wieder in die Heimat geht. Unser Flieger ging direkt von Osaka aus Richtung Frankfurt.

Dotonbori

Fazit

Dieses Land ist auf jedenfall eine Reise wert. So viele verschiedene kulinarische Leckereien (nein, ich meine nicht den Seeigel!), wunderschöne Tempelanlagen und bezauberne Landschaften machten diese Reise besonders. Auch war die Sprachbarriere kein Problem, da die Japaner nicht Englisch konnten. So wurde einfach immer mit Bildern oder Händen und Füßen kommuniziert. Da hat es keinen Unterschied gemacht, ob man normalhörend oder gehörlos ist. Im Restaurant beispielsweise gab es für Ausländer immer eine Speisekarte mit Bildern, U-Bahnstationen waren immer nummeriert und es werden z.B. für Toiletten oder Bahnhöfe immer zusätzlich klar erkennbare Symbole genutzt, sodass man wunderbar in Japan als Ausländer zurecht kommt. Auch ist die Höflichkeit der Japaner extrem hoch, sodass einem immer so gut es geht geholfen wird.

Wir am Torbogen von Miyajima

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