Seit der Sommerfreizeit in Kehl ist Emir unser neues Vereinsmitglied. Wir haben ihn gefragt, was ihn dazu bewogen hat, HörEnswert e. V. beizutreten und wie seine erste Eindrücke als Neuling waren. Dazu will er seine Erfahrungen mit euch teilen:
„Nachdem ich gefragt wurde, ob ich Lust hätte, einen Bericht als neues Mitglied zu verfassen, habe ich erst einmal sehr lange darüber nachgedacht.
Wie fange ich überhaupt an? Erzähle ich zuerst von meinem ersten Ausflug mit dem Verein? Ne, lieber nicht. Das wäre zu gewöhnlich und HörEnswert e.V. ist kein gewöhnlicher Verein.
Erzähle ich zuerst wie ich auf den Verein aufmerksam geworden bin? Ne, weil es meistens das Gleiche ist – durch Freunde oder durch das Internet.
Erzähle ich zuerst, was mir mitten in der Nacht – nach langem Grübeln – eingefallen ist? Genau! Das ist es!
Akzeptanz. Erfahrung. Spaß.
Diese drei Wörter sind, meiner Meinung nach, genau die Wörter, mit denen man HörEnswert als Neuling beschreiben kann.
Akzeptanz
Kennt ihr das, wenn ihr im Alltag mehrmals nachfragen müsst, wenn ihr etwas nicht verstanden habt?
Es kommt bei mir sehr oft vor, dass ich bei einem Gespräch das Gesagte nicht verstehe. Oft in der Stadt, oft im Bus, oft in der Schule oder oft beim Feiern. Wenn man die andere Person bittet, das Gesagte zu wiederholen, dann geht es ein- oder zweimal gut.. Aber dann kommt meistens ein: „Egal, passt schon!“. Jedes Mal ist es ein unangenehmes und deprimierendes Gefühl: Man wird nicht akzeptiert.
Bei HörEnswert ist mir vorallem beim Erfahrungsaustausch in Teuschnitz aufgefallen, dass das im Verein komplett anders ist. Wir hatten eine große Runde mit mehr als 10 Personen und haben in dieser Runde über unsere Erfahrungen im alltäglichen Leben erzählt. Normalerweise würde ich bei einer Gesprächsrunde mit mehr als 10 hörenden Personen sofort den Gesprächsfaden verlieren. Hier aber, wurde wirklich darauf geachtet, dass jeder mitkommt, dass jeder verstanden hat, worum es sich momentan im Gespräch handelt und, dass alle entstehenden Fragen sofort geklärt werden.
Deswegen hat mir dieser Erfahrungsaustausch in Teuschnitz wahnsinnig geholfen. Einige von unzähligen Fragen, die in der Gesprächsrunde behandelt wurden:
- Was macht ihr bei der Arbeit/in der Schule/im Studium, wenn ihr bei einem Treffen mit mehreren Personen nicht mitbekommt, was gerade besprochen wird?
- Wie kommuniziert ihr in der Disco?
- Wie kann man im Kino mehr von dem Film mitbekommen?
- Was macht ihr im Ausland, wenn ihr die Sprache nicht versteht?
- Schreibt ihr gleich in eure Bewerbung rein, dass ihr schwerhörig seid?
- Was macht ihr, wenn ihr bei der Bewerbung den Personalchef nicht versteht?
- Was macht ihr, wenn beim Urlaub alle eure wichtigen Dokumente gestohlen werden?
Das bringt mich zum nächsten Punkt:
Erfahrung
Wusstet ihr, dass man sich mit einer Wertmarke die Kosten für das Semesterticket zurück erstatten lassen kann?
Ich habe das vor dem ersten Ausflug nach Strasbourg nicht gewusst. Erst im Zug habe ich bei einem Gespräch beiläufig erwähnt, dass ich bald ein Studium anfange. Gleich hat Johanna (Eine Freundin von unseren Vereinsmitgliedern – sie hat mich übrigens auf den Verein gebracht) erzählt, dass man sich die Gebühren für das Semesterticket zurück erstatten lassen kann, was dann noch andere Studenten im Verein bestätigt haben. Man profitiert hier unheimlich stark von den Erfahrungen anderer.
Willst du wissen, wie schön es in Ecuador ist?
Ebenso in Strasbourg war es Carina, dich mich mit ihrer Reiseleidenschaft inspiriert hat. Sie war für ein ganzes Jahr im Rahmen eines Auslandsjahres in Ecuador. Bisher wusste ich wirklich nichts über das Land. Carina hat uns von ihren Erfahrungen erzählt. Sie hat erzählt, wie lecker das Essen dort sei, wie nett und freundlich die Menschen dort seien, wie die Achterbahnen wären, wie groß und schön die Städte in diesem Land wären. Im Nachhinein habe ich mich gefragt, wie ich überhaupt so wenig Ahnung von dem schönen Land haben konnte.
Wir haben bei uns eine Menge Leute, die bereits eine Menge Reisen unternommen haben. Vor allem die Erzählungen der Wanderreisen anderer Teilnehmen haben mich sehr angesprochen. Die Geschichten waren alle sehr interessant. Erst kürzlich war Johannes in Japan und was man von ihm erfahren hat, war sehr spannend. Wusstet ihr, dass es in Japan grüne KitKats gibt? Unglaublich!
Willst du Erfahrungen aus verschiedenen Berufen hören?
Hier bei uns gibt es viele verschiedene Personen, die allesamt verschiedene Berufe haben. Einige sehr ungewöhnlich und einige sehr neu. Aber alle hörten sich sehr interessant an.
Werner war mit uns in Strasbourg und arbeitet in einer der führenden Firmen für Turbinentechnik. Er hat mir sehr ausführlich von seinen Erfahrungen in einer großen und in einer im Aktienmarkt vertretenen Firma erzählt.
Man bekommt von dem Karrieredrang anderer Mitgliedern viel mit und erfährt, wie man als Hörgeschädigter eine Menge Toleranz in einer so großen Firma bekommt. Hier war ich sehr überrascht und wurde von seinen Berichten sehr inspiriert. Es hat mich dazu motiviert, dass man alles schaffen kann, wenn man es wirklich möchte.
Mein drittes und wichtigstes Wort:
Spaß
Was bedeutet Spaß? Für einige macht es Spaß, wenn sie entspannt ein Buch auf dem Balkon lesen. Für andere macht es Spaß, wenn sie in der Disco mit dem Gin-Tonic in der Hand tanzen und die Welt mit ihren Problemen vergessen. Für ganz andere wiederum macht es Spaß, wenn sie Hause auf der gemütlichen Couch den Samstagabend mit Netflix und der besseren Hälfte ausklingen lassen.
Für mich bedeutet Spaß, dass man neue Erfahrungen macht. Ich besuche gerne andere Städte und Länder. Dazu schließe ich gerne neue Bekanntschaften und verbringe gerne neue Zeit mit neu kennengelernten Menschen, um sie noch besser kennenzulernen, weil hinter jeder Person eine spannende Geschichte steckt.
In Strasbourg habe ich blitzschnell über 10 neue Gesichter gesehen und für mich war es ein großer Spaß diese vielfältigen Menschen mit einer vielfältigen Geschichte kennen zulernen. Sei es beim zweiten Abend mit einem Glas Bier im Pub oder sei es bei der Zugfahrt nach Kehl, mir hat die Reise insgesamt extrem viel Spaß gemacht und ich würde alles geben, damit ich die Zeit zurückdrehen kann und die Reise nochmal erleben kann – Ich schwelge immer noch gerne in Erinnerungen. Vor allem, wie wir alle beim ersten Tag den einen wunderschönen Aussichtsturm in der Nähe von der Jugendherberge besucht haben. Diese Aussicht war traumhaft.
Aber auch in Teuschnitz habe ich weitere neue Gesichter sehen dürfen. Man hat beim Erfahrungsaustausch viele neue Erfahrungen und Taktiken, wie man im Alltag mit der Schwerhörigkeit kommt, sammeln dürfen. Für mich war die Weinprobe das pure Highlight. Jeder Teilnehmer hat einen Wein mitgebracht. Ich durfte viele verschiedene Weine probieren und vielen lustigen Weinpräsentationen zuhören. Im Nachhinein bin ich ein kleiner „Weinkenner“ geworden – kenne mich jetzt zumindest etwas besser mit Wein aus, als vor dem Ausflug ?
Willst du dich als Mensch weiterentwickeln? Willst du viele neue Personen kennenlernen? Willst du wissen, was die Antworten auf die Fragen unter dem Punkt „Akzeptanz“ sind? Willst du mich als Neuling ablösen?
Willst du einmal das Gefühl der Schwerelosigkeit fühlen?
Dann komm zu uns!
Emir
Emir ist junge 20 Jahre alt und studiert seit Herbst 2017 Jura an der Universität Bayreuth. Seine Hobbies sind ins Fitnessstudio zu gehen, sich mit Freunden zu treffen und zum Abschalten schaut er auch gerne Serien auf Netflix. Er selbst sagt über sich: „Ich bin eigentlich eine sehr schüchterne Person, aber nach einiger Zeit könnte ich die verrückteste Person sein, die man kennt. Einige, die in Strasbourg dabei waren wissen Bescheid ;-)“ Emir findet ihr auch auf Facebook.
Natalie ist unsere Beisitzerin, hat ein Hörgerät und kann immer und überall tanzen. Zudem liebt sie es in der Luft zu sein – egal ob beim Fallschirmspringen oder im Hochseilgarten von Baum zu Baum. Unter dem Motto „Du bist niemals alleine“ engagiert sie sich für den Erfahrungsaustausch und die Gemeinschaft junger schwerhöriger Menschen.